Die Rolle des Menschen im Selbstfahrenden Unternehmen

Die Vision des Selbstfahrenden Unternehmens macht Menschen in Unternehmen wichtiger denn je. Repetitive Fähigkeiten, starre Routinen, feste Arbeitsschemata – all das gehört im Selbstfahrenden Unternehmen der Vergangenheit an. Erfahren Sie hier, welche Aufgaben Menschen in Selbstfahrenden Unternehmen übernehmen werden, wie sie sich selbst und dadurch das Unternehmen voranbringen und wo zukünftige Schwerpunkte der menschlichen Arbeitskraft liegen.

Weg von repetitiven Arbeiten

Der heutige Unternehmensalltag ist in vielen Bereichen noch von sich wiederholenden Tätigkeiten geprägt. Dabei passieren auch nach wie vor Fehler, die im oft viel Zeit und Geld kosten. Digitale Technologien machen es möglich, dass solche Tätigkeiten von künstlicher Intelligenz übernommen werden. Diese agieren schneller und gleichzeitig mit weniger Fehlern. Lernende Algorithmen fassen alle zur Verfügung stehenden Daten zusammen und leiten daraus wichtige Informationen ab, welche die Basis für fundiertere Entscheidungen sind. Sie übernehmen damit repetitive Tätigkeiten, treffen datenbasierte Entscheidungen, lernen systematisch an Fehlern und schaffen den Menschen Freiräume.

Diese Freiräume können dazu genutzt werden, dass jede bzw. jeder ihre bzw. seine individuellen Fähigkeiten voll ausschöpfen kann. Der Wegfall der sich ständig wiederholenden Tätigkeiten bringt mehr Raum für Kreativität und innovative Lösungsansätze für Probleme.

Sechs Thesen zum Menschen im Jahr 2035

Für viele ist die Vision des Selbstfahrenden Unternehmens noch eine Illusion, andere begegnen dieser mit Skepsis und Ablehnung. Auch wenn künstliche Intelligenz einen Großteil der Prozesse in Unternehmen übernehmen wird, stehen Menschen im Mittelpunkt, denn:

  1. Menschen wollen von Menschen Produkte kaufen.
  2. Menschen wollen von Menschen beraten werden.
  3. Menschen wollen von Menschen gefertigte Waren kaufen.
  4. Menschen wollen mit Menschen arbeiten.
  5. Menschen wollen mit Menschen Zeit verbringen.
  6. Der Mensch wird immer Arbeit haben.

Alltägliche Konsumgüter werden aufgrund der digitalen Möglichkeiten kostengünstiger erzeugt und dadurch für die Menschen besonders günstig. Trotzdem wird die Marke „Handmade“ mehr denn je an Bedeutung gewinnen. In einigen Bereichen wird nach wie vor auf persönliche Dienstleistungen und hochwertige Erzeugnisse aus Handarbeit Wert gelegt werden. Durch neue Arten der Besteuerung – weg von Besteuerung der Arbeit hin zu mehr Besteuerung produzierter Güter – werden solche Dienstleistungen und Handmade-Produkte für mehr Menschen leistbar.

Die Komplexität der Produkte steigt zwar, doch geringere Stückkosten und ein höherer Mehrwert kompensieren diese Entwicklung und schaffen eine nie dagewesene Wertschöpfung. Für beide Seiten – Unternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten entsteht daraus ein größerer Nutzen. Dieser Trend ist bereits jetzt zu beobachten, beispielsweise beim Einsatz von Robotik. Gartenroboter können schon heute hoch-individualisiert und mit hoher Mähpräzision eingesetzt werden. Eine immer höhere Stückzahl und damit geringere Preise machen einen flächendeckenden Einsatz immer günstiger. Ähnliche Beispiele finden sich auch im Haushalt. Intelligente Steuerungen von Heizungen und Elektronik im Haushalt werden immer leistbarer und tragen gleichzeitig dazu bei, Energiekosten einzusparen.[1]

Die Digitalisierung ist für viele Menschen nach wie vor ein Schreckensgespenst. Im Selbstfahrenden Unternehmen werden Menschen jedoch nicht verdrängt, sondern nehmen eine Schlüsselrolle ein und sind unverzichtbar. Menschen werden mehr direkt mit anderen Menschen zusammenarbeiten und unter Nutzung kreativer und intuitiver Potenziale in Austausch treten. Angepasst auf die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse erbringen sie ihre Leistungen effizienter und mit mehr Wertschätzung. Mehr Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führt dabei zu mehr Erfolg der Unternehmen.

Bedarfsgerechter Einsatz von Menschen

Das starre Modell der Festanstellung wird bei der Vision des Selbstfahrenden Unternehmens aufgebrochen. Es wird zwar nach wie vor feste Anstellungen geben, der Anteil wird jedoch deutlich sinken. Einerseits werden Menschen nicht mehr in der Art und Weise wie heute von Lohnarbeit abhängig sein – durch verschiedene Grundsicherungsmaßnahmen wird finanzielle Sicherheit gegeben[1] – andererseits werden sie mehr und stärker projektbezogen nach ihren Fähigkeiten eingesetzt. Und das auch unabhängig von Unternehmen.

Das beginnt bereits beim Recruiting. Auch diese Prozesse werden weitestgehend automatisiert durch künstliche Intelligenz durchgeführt. Dabei nehmen soziale Netzwerke eine wichtige Rolle ein. Menschen erstellen Profile mit ihren Angaben – Kompetenzen und Fähigkeiten, aber auch Wünschen, Vorstellungen und Bedürfnissen – auf deren Basis sie für bestimmte Aufgaben rekrutiert werden. Die völlige Transparenz auf beiden Seiten macht es möglich, die Attraktivität der Jobs zu steigern. Wurde eine Aufgabe erledigt oder im Zeitraum der Anstellung gut gearbeitet, wird ein Qualifikationszertifikat erstellt, das wiederum die Profile in den sozialen Netzwerken ergänzt.

Die Weiterentwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgt auch auf Basis künstlicher Intelligenz. Diese erfasst Daten der Mitarbeitenden – ihre Leistungserbringung, Fähigkeiten und Kompetenzen – und erstellt bedarfsgerecht individuelle Weiterentwicklungs- und Bildungsmaßnahmen. All das führt dazu, dass „Leerläufe“ vermieden werden und jeder Mensch im Unternehmen individuell nach ihren bzw. seinen Fähigkeiten – und Wünschen und Bedürfnissen – eingesetzt werden kann. Das führt insgesamt nicht nur zu einer besseren Performance des Unternehmens insgesamt, sondern auch zu einer deutlich höheren Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mehr Zufriedenheit schafft mehr Motivation – und diese ist auch weiterhin ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg des Selbstfahrenden Unternehmens.

Veränderte Rollen

Das Leadership – die Unternehmensführung – wird befreit von Pseudo-Entscheidungen. Informationen über das Unternehmen sind jederzeit vollumfänglich transparent verfügbar und machen treffendere Prognosen für zukünftige Entwicklungen möglich. Das Aufgabenspektrum des Leaderships fokussiert auf weitreichende strategische Entscheidungen und geht weg vom „lästigen“ operativen Tagesgeschäft.

Auch das mittlere Management wird mehr und mehr von Routinearbeiten- und Entscheidungen entlastet. Die Aufgaben werden sich grundlegend verändern – mehr zwischenmenschlicher Kontakt möglich und gar notwendig. Das mittlere Management nimmt mehr eine moderierende Rolle ein und koordiniert kreative Prozesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hierarchische Strukturen – in starre Rahmen und Aufgabenverteilungen gepresst – werden aufgebrochen. Die unterschiedlichen Abteilungen, die im „klassischen“ Unternehmen oft unkoordiniert und ohne große Schnittpunkte arbeiten, weichen agilen Arbeitsgruppen. Hier arbeiten die Menschen zusammen und werden ihren Fähigkeiten und Stärken entsprechend eingesetzt. Die Aufgabe des mittleren Managements wird es sein, diese Prozesse zu moderieren und die Teams anzuführen. Die Managerinnen und Manager werden nicht mehr als Entscheidungsträger agieren, sondern vielmehr als Coach und Trainer verstanden, die offen, neugierig und mit einer hohen Gesprächskultur auf die einzelnen Teammitglieder eingehen.

Eng mit der Rolle des Managements verbunden werden die Wissensarbeiterinnen und Wissensarbeiter sein. Ihre Aufgabe wird die Beschaffung, Aufarbeitung und Bereitstellung wichtiger Informationen und Daten sein. Der Einsatz digitaler Technologien wird es erlauben, dass diese Aufgaben ortungebunden und völlig flexibel gestaltet werden können.

Trotz automatisierter Produktionsprozesse durch künstliche Intelligenz werden auch im Selbstfahrenden Unternehmen Arbeiterinnen und Arbeiter wichtige Rollen übernehmen. Ihre Aufgaben werden stark verknüpft mit künstlicher Intelligenz, im „Extremfall“ werden exakte Anleitungen ausgegeben, z. B. über Apps mit Augmented Reality, welche die aktuelle Arbeitssituation erfassen und verarbeiten können. Sämtliche Tätigkeiten werden gezielt durch laufend zur Verfügung stehende Echtzeitdaten gestützt. In manchen Bereichen werden Maschinen und Arbeiterinnen und Arbeiter Hand in Hand gemeinsam Aufgaben erledigen.

Insgesamt werden sich die Rollenbilder in Unternehmen drastisch verändern – zum Positiven. Jede und Jeder kennt die eigenen Fähigkeiten, die eigenen Rollen und die an diese Situation angepassten individuellen Aufgabenbereiche. Durch den Wegfall repetitiver Tätigkeiten bleibt den Menschen im Unternehmen mehr Zeit für Austausch, zwischenmenschliche Kontakte und Entfaltung ihrer Kompetenzen. Systemerhaltende Routinetätigkeiten werden weitestgehend von Maschinen bzw. künstlicher Intelligenz übernommen, weswegen die Arbeitsgestaltung – zeitlich, örtlich und inhaltlich – flexibler wird. Dadurch, dass individueller auf Menschen im Unternehmen eingegangen wird, kann auf bestimmte Lebensphasen besser eingegangen werden. In Zeiten, in denen eine hohe Bereitschaft zur Leistungserbringung besteht – direkt nach dem Studienabschluss beispielsweise – kann darauf genauso eingegangen werden wie auf zeitweilige Betreuungspflichten von Kindern oder anderen Familienmitgliedern.

Der Mensch im Mittelpunkt

Künstliche Intelligenz schafft den Menschen im Selbstfahrenden Unternehmen Freiräume. Freiräume, die es heute aufgrund starrer Rahmenbedingungen noch nicht gibt. Jeder Mensch kann sich selbst individuell nach den eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen in das Unternehmen einbringen – aber auch nach seinen Bedürfnissen, Wünschen und Vorstellungen. Die Zufriedenheit wird steigen, im gleichen Maß die Motivation. Unternehmen werden flexibler, agieren agiler und damit erfolgreicher. Die Vision des Selbstfahrenden Unternehmens ist, dass Menschen im Mittelpunkt stehen – und das zum Wohl des Unternehmens wie auch der Menschen.

Quellen

Bregman, R. (2021): Utopien für Realisten. Die Zeit ist reif für die 15-Stunden-Woche, offene Grenzen und das bedingungslose Grundeinkommen. 18. Auflage, Hamburg: Rowohlt-Taschenbuch Verlag.

Konsument.at (2022): Smart-Home-Systeme: Intelligent Energie sparen. https://konsument.at/smart-home-systeme-intelligent-energie-sparen/65264

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